Die Rechnungsbücher des Klosters Aldersbach
Mittelalterliche Rechnungsbücher erlauben sehr vielfältige Einblicke, in den Alltag der Mönche ebenso wie in die sogenannte „große“ Geschichte. Und nicht zuletzt werden in diesen Quellen natürlich auch die wirtschaftlichen Angelegenheiten eines Klosters umfänglich dokumentiert. Die Aussagekraft und der Quellenwert dieser Texte ist somit sehr hoch anzusetzen. Rechnungsbücher erlauben zudem vielfach Einblicke, die sonst verwehrt blieben. Oft wurden nämlich – unabsichtlich und daher zumeist umso wertvoller – Ereignisse und Vorkommnisse dokumentiert, die sonst in der übrigen schriftlichen Überlieferung fehlen.
Aldersbach kann dabei als idealtypisches Beispiel für ein bayerisches Zisterzienserkloster während des 15. Jahrhunderts gelten. Zwar ist die Geschichte dieses Klosters selbst vergleichsweise schlecht erforscht, die gute Überlieferung gerade der Rechnungen im 15. Jahrhundert selbst sowie die Tatsache, dass Aldersbach mit rund 80 Bediensteten eine vergleichsweise durchschnittliche religiöse Gemeinschaften war, die es in vergleichbarer Größe hundertfach in ganz Europa gab, lassen das niederbayerische Zisterzienserkloster als geradezu prototypisch erscheinen. (BL) Mittelalterliche Rechnungen sind eine Quelle, deren Edition sowohl paläographische und philologische Präzision als auch hoch strukturierte Datenrepräsentation in mindestens tabellarischer Form benötigt: Ohne „close reading“ der Quelle, um ihre Bearbeitungen zu dokumentieren (Streichungen und Einfügungen) kann die tabellarische Darstellung der Buchungen nicht verläßlich sein. Die unterschiedlichen Fragestellungen, die an die Quelle gestellt werden können, fordert zusätzlich, daß die Angaben in den Rechnungen leicht gefiltert und aggregiert werden können.
Einfache Lösungen für diese Aufgabe sind digitale Editionen mit Standard-Tabellenkalkulationen. Die Forschungen in den DH haben jedoch gezeigt, daß die aus der digitalen Editorik geläufigen Verfahren einer Kodierung in XML/TEI die paläographischen und philologischen Befunde besser abbilden können und daß die strukturierten Daten flexibler in einem Datenbankmanagementsystem zugänglich gemacht werden. Das Projekt wird deshalb automatisch Transkriptionen mit Hilfe der Hand-Written-Text-Recognition-Software Transkribus erzeugen und dann manuell überprüfen Transkriptionen. Sie werden aus Transkribus im Format XML/TEI exportiert. Eine sozial- und wirtschaftshistorische Dissertation mit dem Arbeitstitel „Leben und Arbeiten im spätmittelalterlichen Kloster. Eine Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Klosters Aldersbach 1449-1567“ erarbeiten.
Ziel dieser Arbeit ist es, erstens die wirtschaftlichen Grundlagen des Klosters im Zeitablauf herauszuarbeiten. Dabei werden u.a. die Fragen im Vordergrund stehen, ob (und ggf. warum) die Klosterökonomie einem Strukturwandel unterlag und insbesondere, ob sich die Veränderungen des interkontinentalen Fernhandels bereits niederschlugen (neue Waren, „Preisrevolution“). Zweitens soll die Sozialstruktur der immerhin fast 100 Beschäftigten herausgearbeitet werden. Idealerweise wird es auch möglich sein, Realeinkommen für bestimmte Berufsgruppen zu ermitteln und damit einen Beitrag zur seit gut zwanzig Jahren boomenden internationalen Forschung zum Lebensstandard in der Vormoderne beizusteuern. Grundlagen für die wirtschafts- und sozialhistorische Analysen sind die Rechnungsbücher des Klosters, die bis 1512 fast vollständig (auf Latein) und dann noch einmal von 1552 bis 1567 (auf Deutsch) vorliegen. Sie sollen digitalisiert, und (nach Anlernen der Software) automatisch transkribiert und dann mit Hilfe neuer DH-Verfahren ebenfalls semiautomatisch analysiert werden.
Projektzeitraum | 01.05.2024 - 30.04.2027 |
Fördergeber | FWF |
Bewilligungssumme | € 148.232,71 |
Einheit | Institut für Digitale Geisteswissenschaften |
Profilbereich | |
Projektverantwortung | |
Projektmitarbeiter:innen | Christopher Pollin, BA MA MA |
Projekthomepage |
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