3 Fragen an...
Mitarbeiter:innen und Studierende der Geisteswissenschaftlichen Fakultät
Johanna Fleischhacker
Studentin, Bachelorstudium Kunstgeschichte
Wenn Ihr Umfeld, Ihre Familie Sie fragt: Warum gerade Kunstgeschichte? Was antworten Sie darauf?
Ich beschäftige mich schon seit langem gern mit Antiquitäten aber auch mit Baustilen, ich gehe gerne in Museen und besuche Ausstellungen und möchte nach Abschluss des Studiums entweder im Bereich des Auktionshandel oder des Denkmalschutzes arbeiten. Vor allem finde ich es auch wichtig, sich mit Vergänglichem zu beschäftigen und Bewusstsein zu schaffen, alte Werte zu erhalten.

Welches Gebiet innerhalb Ihres Fachs fasziniert Sie am meisten und warum?
Generell beschäftige ich mich am liebsten mit den Epochen der Renaissance bis hin zum Historismus. Zudem interessieren mich die Bereiche der Baustilkunde und der Malerei dieser Zeiten, da ich die Details, die sich oft in Gemälden Alter Meister finden, sowie deren Maltechnik faszinierend finde.
Sie studieren derzeit das Bachelorstudium Kunstgeschichte, werden Sie auch den Master anhängen?
Ja, ich möchte auch ein Masterstudium anhängen, wobei es noch ungewiss ist, ob es Kunstgeschichte oder ein anderes geisteswissenschaftliches Fach werden wird.
Lisa Brunner
Wissenschaftliche Mitarbeiterin (PraeDoc) am Zentrum für Wissenschaftsgeschichte

Was macht jemand eigentlich, der/die sich mit Wissenschaftsgeschichte befasst und wieso ist das überhaupt von Bedeutung?
Wie der Begriff schon sagt, beschäftigt sich die Wissenschaftsgeschichte u. a. mit der Entstehung und Entwicklung der Wissenschaften. Ich selber sehe mir an, wie die Ausbildung von Apotheker:innen in der Frühen Neuzeit sich entwickelt hat, denn anders als heute, war die Pharmazie noch kein Hochschulfach sondern ein Lehrberuf. Dafür durchforste ich Archive, Bibliotheken und Museen nach alten Handschriften, Bildern und allem anderen, was mir darüber etwas sagen kann. Gerade in Zeiten, wo das Gesundheitswesen eine zentrale Rolle spielt, ist es immer auch wichtig, die historischen Entwicklungen genauer zu kennen, warum ist etwas so, wie es heute ist? Darüber berichte ich auch unter anderem auf meinem Instagramkanal @weltinderstube.
Was mach für Sie die Faszination Ihres Forschungsgebiets/Ihrer Dissertation aus?
Geschichte hat mich schon als kleines Kind fasziniert! Ich finde es total spannend alte Briefe oder anderes zu lesen, das Menschen vor mehreren hundert Jahren geschrieben und in Händen gehalten haben. Außerdem bin ich ein unglaublich neugieriger Mensch und frage mich oft, warum Dinge eigentlich sind, wie sie heute sind. Ein Blick in die Geschichte kann mir meine Fragen meist beantworten.
Sie sind sozusagen eine Expertin für Kuriositäten – was ist das Kurioseste, das Ihnen je an Uni passiert ist?
Als first generation Studentin war und ist für mich die Universität und alles was dazu gehört irgendwie kurios, fremd, gewöhnungsbedürftig. Was nicht heißen soll, dass ich meine Zeit an der Universität nicht auch schön finden würde. Aber man erlebt vor allem am Anfang sehr vieles, was man als kurios bezeichnen könnte: Es wird über andere Dinge anders gesprochen, vieles ist einem unbekannt und man muss erst seinen Platz finden. So geht es vielen first generation Studierenden.
Ursula Gärtner
Professorin für Klassische Philologie/Latinistik, Institut für Antike
Womit beschäftigt sich eine Professorin für Klassische Philologie/Latinistik eigentlich genau?
Oft werde ich gefragt, was ich eigentlich mache; die alten Texte aus der Antike müssten ja schon längst alle übersetzt sein. Tatsächlich übersetzen wir auch heute noch Texte; denn viele Bücher sind noch nicht übersetzt, oder die Übersetzungen sind veraltet und können die interessanten Aussagen der Texte nicht mehr in unserer Gegenwart vermitteln. In vielen Fällen muss auch der Originallaut der Texte erst mühsam ermittelt werden. Vor allem aber möchte ich die Texte und ihre Machart verstehen, interpretieren und gemeinsam mit Studierenden, Schüler:innen, Kolleg:innen und allen Interessierten darüber diskutieren, was sie wohl einst zu sagen hatten und wie wir dies heute verstehen können. Zurzeit beschäftige ich mich mit Fabeln. Warum spricht ein Wolf eigentlich?

Schlägt Ihr Herz mehr für die Forschung oder die Lehre?
Ich lehre sehr gerne; insbesondere die angeregten Diskussionen in den Seminaren, sei es über die Liebeslehren Ovids, sei es über Ciceros Philosophie, gehören zu den beglückenden Momenten in meinem Beruf. Im Trubel des Semesters bleibt aber oft keine Zeit, den eigenen Forschungen vertieft nachzugehen; das kann man in einem der ersehnten Forschungssemestern tun, und dies sind höchst befriedigende Zeiten, wenn man sich in Ruhe einer Frage widmen und zu einer Lösung gelangen kann. Doch stellt man nach einiger Zeit fest, dass einem der lebendige Austausch fehlt. Nicht gefragt wurde hier nach dem dritten Teil meiner Arbeit, der Verwaltung, die immense Zeit verschlingt, immer mehr zu werden droht und eher die Pflicht als die Kür ist.
Was ist das Lustigste, was Ihnen bisher im Lehrsaal passiert ist?
Als ganz junge Assistentin in Leipzig kurz nach der Wende war es meine Aufgabe, ehemalige Russischlehrer:innen zu Lateinlehrer:innen umzuschulen – das Durchschnittsalter lag gefühlt bei 55 Jahren. Um den Begriff der Captatio beneuolentiae zu erklären, zitierte ich den Beginn einer Cicero-Rede, wo dieser – etwas verkürzt – sagt: „credo ego uos, iudices, mirari quid sit quod ego potissimum surrexerim, is qui neque aetate neque ingenio neque auctoritate sim cum his qui sedeant comparandus – Ich glaube, ihr Richter, ihr fragt euch, warum ausgerechnet ich mich erhoben habe, der ich weder an Alter noch an Begabung noch an Autorität mit denen, die hier sitzen, vergleichbar bin.“ – Selten wurde in diesem Lehrsaal so laut gelacht.
Christina Hörzer
Referentin für Studien- und Prüfungsangelegenheiten, Dekanat der Geisteswissenschaftlichen Fakultät

Was machen Sie hier eigentlich?
Ich bin Referentin für Studien- und Prüfungsangelegenheiten am Dekanat der Geisteswissenschaftlichen Fakultät. Meine Aufgaben sind sehr unterschiedlicher Natur. Von der administrativen Betreuung Studierender bis hin zur Websitegestaltung bin ich an der Fakultät als diejenige bekannt, die man fragt, wenn man nicht mehr weiter weiß. Manchmal muss ich trösten, manchmal ermahnen - ganz wie es die Situation erfordert!
Was mögen Sie am liebsten an Ihrer Arbeit?
Die immer neuen Projekte und sehr unterschiedlichen Aufgaben machen das Arbeiten am Dekanat sehr abwechslungsreich. Es wird niemals langweilig!
Was ist das Lustigste, das Sie dabei bisher erlebt haben?
Im Laufe der Jahre gab es viel zu lachen... Das meiste davon sollte ich aber lieber nicht erzählen!
Klaus Kastberger
Professor für Neuere deutschsprachige Literatur/Gegenwartsliteratur, Franz-Nabl-Institut für Literaturforschung
Sie leiten das Franz-Nabl-Institut für Literaturforschung und das Literaturhaus Graz, was eine wunderbare Verbindung von Forschung, Lehre und aktuellem Literaturbetrieb darstellt; was ist das wertvollste für Sie und Ihre Forschung an dieser Tätigkeit?
Meine Aufgaben hier in Graz verbinden sehr viele unterschiedliche Bereiche, die aber im Idealfall alle einen Zusammenhang haben.
Einer der schönsten Momente, die ich darin bisher erlebt habe, bestand in einem Satz, den eine Studentin von mir nach einer Veranstaltung im vollbesetzen Literaturhaus im Hinausgehen laut und deutlich und ohne jegliche Ironie in meine Richtung gesagt hat: „Danke, Herr Professor, dass wir heute kommen haben müssen!“

Wie sehen Sie den Stellenwert österreichischer Literatur im deutschsprachigen Raum?
Vielleicht werden wir nach jahrzehntelangen Bemühungen bald aufhören können, dem bundesdeutschen Markt die österreichische Literatur zu erklären und Saison für Saison als eine spannendere Variante der deutschsprachigen Literatur vor Augen zu stellen.
Denn mittlerweile wissen die Deutschen fast schon besser über vermeintliche Eigenarten des Österreichischen Bescheid, und bundesdeutsche Autor:innen bedienen sich wie selbstverständlich ästhetischer Muster, die wir bislang für die unseren gehalten haben. Der Abschied in eine solche Zukunft ohne ästhetischen Eigensinn könnte aber durchaus schmerzhaft sein.
Wenn die Geisteswissenschaftliche Fakultät der Uni Graz ein Buch wäre, welches wäre es dann für Sie?
Ich widerstehe nicht der Verlockung, hier als Antwort sofort Der Mann ohne Eigenschaften zu sagen. Musil hat an diesem Roman jahrzehntelang gearbeitet, und das Buch ist dennoch unvollendet geblieben. Ursprünglich sollten in dem Werk die Vorbedingungen geklärt werden, die zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges führten. Dann kam dem Autor der aufkommende Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg dazwischen. Das gesamte Konzept musste transformiert werden. Möglicherweise steckt darin auch eine Parabel für geisteswissenschaftliche Forschung.
Sarah Tropper
Universitätsassistentin, Institut für Philosophie
Womit beschäftigen Sie sich eigentlich genau?
Mein Forschungsschwerpunkt liegt in der Philosophie der frühen Neuzeit, also jener Epoche, in der die Grundlagen unseres heutigen Selbstverständnisses in vielen seiner wichtigsten Aspekte gelegt worden sind. In meiner Forschung blicke ich auch gelegentlich auf das Mittelalter zurück – eine in seiner Wirkungsmächtigkeit und Vielfältigkeit in der Philosophie gelegentlich unterschätzte Zeit.

Was fasziniert Sie persönlich am meisten an Ihrem Fachgebiet? Bzw. worin liegt für Sie der Wert der Geschichte der Philosophie?
Die Geschichte der Philosophie kann uns dabei helfen, unsere stillschweigend vor uns hergetragenen Vorurteile aufzuweisen und damit über den Tellerrand unserer eigenen Vorannahmen hinauszublicken. Zudem ist das Alte manchmal einfach genauso gut oder sogar besser als das Neue, aber lehrreich und hilfreich ist das Verständnis von ihm immer… und gelegentlich ist es auch einfach faszinierend skurril.
Welcher Aspekt Ihrer Arbeit ist für Sie eine besondere Bereicherung?
Insbesondere die Möglichkeit, meine Begeisterung für die Geschichte der Philosophie weitergeben zu können und vielleicht einige Studierende dazu zu animieren und ihnen die Mittel zu geben, sich auf die Gedanken anderer zulassen sowie den Wert dieser Gedanken zu verstehen.
Walter Scholger
Institutsmanager, Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities

Welche Arbeitsfelder beinhaltet Ihre Tätigkeit eigentlich genau?
Ich bin an unserem Zentrum mit Verwaltungsaufgaben im Kontext der Universität und dem Management von Forschungsvorhaben und Drittmittelprojekten befasst. Ich vertrete das Zentrum und die Universität in nationalen und internationalen Arbeitsgruppen, Fachverbänden und Forschungsinfrastrukturprojekten zu den Themen Forschungsdatenmanagement, Digitale Publikation, Curricula-Entwicklung, Open Science sowie rechtliche und ethische Aspekte digitaler Forschung. Urheberrecht, Lizenzierung und Datenschutz im Kontext digitaler Wissenschaft sind auch mein Kernthema in der Lehre in unserem Masterstudium „Digitale Geisteswissenschaften“ sowie in unseren Kooperationsprojekten mit inner- und außeruniversitären Partner:innen.
Digital & Humanities – wie passt das eigentlich zusammen?
Eigentlich ganz hervorragend, alleine schon, weil wir Dank der fortschreitenden Digitalisierung und vor allem öffentlichen Zugänglichmachung von Quellen des globalen Kulturerbes dieses umfangreicher und ausführlicher erforschen können, als das noch vor einer Generation möglich war. Geisteswissenschaften erforschen letztlich ja immer Zeugnisse des menschlichen Geistes und der menschlichen Kultur – und da sehr viel des gesellschaftlichen und kulturellen Geschehens heute im Digitalen stattfindet, ist es umso wichtiger, dass Forscher:innen sowohl geistes- und kulturwissenschaftliche als auch digitale Methoden und damit verbundene Denkweisen verstehen.
Was sind die häufigsten Missverständnisse, die die es zu Digital Humanities gibt?
„Machen Sie mir eine Webseite und eine Datenbank?“ ist eine Frage, die wir auch heute noch oft zu hören bekommen. Viele sehen den Computer noch immer als reines Werkzeug, denken bei einer „digitalen Publikation“ an eine Webseite und meinen, dass digitale Geisteswissenschaftler:innen einfach „Programmierer:innen“ sind. Dabei ist die forschungsgetriebene Entwicklung und Anwendung digitaler Methoden auf digitale Quellen ein extrem komplexes und stetig veränderliches Feld, dass uns Möglichkeiten in der Erschließung, Erforschung und vor allem Vermittlung unseres kulturellen Erbes bietet, die man sich zu meinen Studienzeiten noch gar nicht vorstellen konnte – wir können nicht nur vorher undenkbare Antworten finden, sondern auch vorher undenkbare Fragen stellen.
Florian Atzenhofer-Baumgartner
Student, Masterstudium Digital Humanities
Wieso haben Sie sich gerade für dieses Studium entschieden?
Im Laufe meines Hauptstudiums (Bachelor Lehramt Deutsch und Englisch) hat sich in mir ein riesiges Interesse für Sprachwissenschaft entwickelt. Nach dem Abschluss habe ich mich nach weiteren Möglichkeiten umgesehen, wie ich dahingehend besser computergestützt forschen kann. Statt mir vertiefte Programmierkenntnisse im Selbststudium beizubringen, habe ich es mit dem Masterstudium Digitale Geisteswissenschaften probiert und mich dann insgesamt in den Bereich 'verkuckt'.

Was war Ihre liebste Lehrveranstaltung und warum?
Schwierig, denn eigentlich alle Lehrveranstaltungen waren spannend, haben sie sich ja mal theoretischer, mal praktischer mit der Frage auseinandergesetzt, was die digitale Transformation mit uns, den Geisteswissenschaften und generell mit kulturellem Erbe macht. Wenn ich mich festlegen müsste, wäre es die anwendungsorientierte VU Data Science (Knowledge Discovery & Data Mining; SS2021), die in Kooperation mit dem Know-Center/der TU Graz von Bernhard Geiger und Maximilian Toller abgehalten wurde. Das Gelernte zur Datenanalyse und -visualisierung hat mir sehr in meiner Master-Arbeit weitergeholfen und begleitet mich noch heute in meiner Tätigkeit im Projekt DiDip.
Was gefällt Ihnen am Uni-Standort Graz besonders gut?
Ich finde, Graz bringt eine angenehme Mischung aus Stadt und Land. Fast alles ist gut mit dem Fahrrad erreichbar. Der Standort ist außerdem sehr vielfältig, egal ob es Kulinarik, Musik- und Lokalszene oder generell Events betrifft - es wird einfach nicht langweilig. Abgesehen davon mag ich die Lage in der Region, und in 2,5 Stunden schafft man es nach Wien, in 3,5 an die obere Adria.
Regina Brunnhofer
Office Managerin (für wirklich alle Agenden), Zentrum für Interdisziplinäre Alterns- und Care-Forschung (CIRAC)

Was machen Sie an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät?
Ich bin am Zentrum für Interdisziplinäre Alterns- und Care-Forschung (CIRAC) für alle administrativen Agenden zuständig. Und damit meine ich wirklich alle. Vom Budget über Projektadministration bis hin zum tagtäglichen Geschäft des Office Managements.
Was gefällt Ihnen an Ihrem Arbeitsalltag am Besten?
Ich lerne immer neue und interessante Menschen kennen. Mit diesen arbeite ich in spannenden Projekten zusammen, deren Inhalte mich auch privat interessieren. Und natürlich das Team in dem ich arbeite!
Was ist für Sie eine besondere Bereicherung an Ihrer Arbeit?
Es haben sich im Laufe der Zeit wertvolle Freundschaften zu Menschen verschiedenster Forschungsgebiete und unterschiedlichster Herkunft entwickelt.
Lara Wachter
Studentin, Unterrichtsfach Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung sowie Geographie und Wirtschaftskunde
Wieso haben Sie sich gerade für dieses Studium entschieden?
Während meiner Schulzeit waren das die beiden Fächer, in denen ich von meinen Lehrer:innen besonders begeistert wurde. In Geschichte wurde mit zeithistorischen Quellen gearbeitet; es war kein Auswendiglernen von Zahlen und Daten gefragt, sondern es ging um ein Verständnis für das Fach. Auch in Geographie wurde über Weltpolitik und Wirtschaft gesprochen. Das finde ich wichtig. Ich möchte auch Jugendliche dazu befähigen, gute Entscheidungen zu treffen. Gerade in Politischer Bildung geht nicht nur darum, dass Schüler:innen alle Parteien kennen, sondern sie auch wissen, warum sie wählen gehen sollen.

Was hat Sie im Zuge Ihres Studiums am meisten überrascht bzw. begeistert?
Im Geographie Studium war ich zunächst sehr überrascht, was alles in dieses Studium gehört – Human-, Physio- und Wirtschaftsgeographie. Generell hat mich überrascht, wie unterschiedlich die Bereiche sind, die hier hineinfallen.
Begeistert hat mich in Geschichte besonders die Einführungsvorlesung Zeitgeschichte von Helmut Konrad. Als ich ihm zugehört habe wusste ich: In diesem Studium bin richtig. Das will ich lernen!
Was gefällt Ihnen am Uni-Standort Graz besonders gut?
Mir gefällt, dass hier nicht alles zu groß ist. So lernt man leicht Kommiliton:innen kennen. Außerdem kann man mit den Professor:innen hier auf Augenhöhe über Probleme reden. Das ist schon wichtig!
Schön am Campusleben sind die vielen kleinen Cafés und Restaurants gleich in der Nähe und auch die vielen Grünflächen, die an warmen Tagen zum Lernen oder Ausrasten einladen. Auch die vielen Lernplätze, die es gibt – insbesondere in der neuen Bibliothek – sind toll!
Isabella Managò
Universitätsassistentin, Institut für Germanistik

Was genau macht eigentlich jemand, der sich mit germanistischer Mediävistik beschäftigt?
Wir setzen uns mit der Sprache und vor allem mit der Literatur und Kultur des Mittelalters (und ihrer Rezeption) auseinander. An literarischen Texten ist besonders interessant, dass in ihnen unterschiedliche Diskurse, die die Menschen zu einer bestimmten Zeit beschäftigen, aufeinandertreffen und nicht selten miteinander in Konflikt geraten, hinterfragt, versöhnt oder modifiziert werden. Wir fragen uns in unserem Fachbereich also vor allem, wie ein mittelalterlicher Text bestimmte Bedeutungen erzeugt, indem wir seine literarische ‚Gemachtheit‘ und die kulturellen Voraussetzungen, die ihn geprägt haben, offenlegen. Das ermöglicht uns aufschlussreiche Einblicke in eine Epoche, die bis heute viele Menschen fasziniert, wie man beispielsweise anhand erfolgreicher Fantasy-Bücher, Filme und Serien sehen kann, die immer wieder aufs Neue mittelalterähnliche Welten entwerfen.
Sie sind von Heidelberg aus an die Geisteswissenschaftliche Fakultät der Uni Graz gekommen – wie gefällt es Ihnen hier, was sind die größten Unterschiede?
Es gefällt mir ausgesprochen gut hier und ich fühle mich sehr wohl. Die Stadt Graz ist wunderschön und fühlt sich irgendwie schon mediterran an. Nicht alle haben das Privileg an einem Ort arbeiten und leben zu dürfen, an dem andere ihren Urlaub verbringen! Und auch die Uni und das Institut für Germanistik bieten ein abwechslungsreiches Arbeitsumfeld mit ausgesprochen netten, aufgeschlossenen Kolleginnen und Kollegen, die alle interessante Forschungsgebiete bearbeiten. Der größte Unterschied zu Heidelberg ist vielleicht die Größe des Instituts. Obwohl hier ebenfalls viele junge Leute Germanistik studieren, gibt es sehr wenig Festangestellte. Andererseits hat es auch Vorteile in einer kleinen Gruppe zusammenzuarbeiten, denn dann kennt man sich und die unterschiedlichen Forschungsinteressen schnell gut.
Welche Bedeutung hat die Mediävistik in der heutigen Zeit?
Bei der Auseinandersetzung mit mittelalterlicher Literatur – und die ist beispielsweise auch in der Schule im Deutschunterricht möglich – werden wir mit Erzählwelten konfrontiert, die nicht Teil des Erfahrungshorizontes der heutigen Zeit sind. Diese Fremdheit vormoderner Texte mag vielleicht zunächst als Hürde erscheinen. Doch sind es gerade die eigentümlichen, irritierend anderen Denk- und Erzählweisen der Texte, die uns Selbstverständliches hinterfragen lassen und eine Auseinandersetzung mit unserer eigenen kulturellen und historischen Prägung auslösen können. Die mittelalterliche Welt ist für uns fremd genug, um unsere Denkgewohnheiten in Frage zu stellen. Zugleich, vor allem aufgrund der Sprache und des Kulturraums, nahe genug, um für unser gesellschaftliches Selbstverständnis relevant zu sein. Das sieht man nicht zuletzt an der bereits oben genannten, populären Faszination für mittelalterliche Welten, Figuren und Fabelwesen wie Ritter, Drachen und Einhörner, die offenbar bis heute Identifikationspotential bieten und nicht nur in Kinderbüchern, sondern auch in Computerspielen und auf Gummibärchen-Packungen – also überall – begegnen.