Die Ontologie und Zukunft von Eichtheorien
Moderne Physik ist in der Sprache von Eichtheorien geschrieben. Das Standardmodell der Teilchenphysik ist eine Eichtheorie, welche drei der vier bekannten fundamentalen Wechselwirkungen beschreibt. Es ist eine Eichtheorie in dem Sinne, dass es auf internen lokalen Symmetrien beruht. Die allgemeine Relativitätstheorie beschreibt die vierte bekannte Wechselwirkung, nämlich Gravitation. Die allgemeine Relativitätstheorie ist eine Eichtheorie in dem Sinne, dass sie auf einer externen lokalen Symmetrie beruht. Da Eichtheorien eine derart zentrale Rolle in der modernen Physik spielen, bedürfen sie gründlicher begrifflicher Analysen und philosophischer Reflexion.
Dieses Projekt behandelt den ontologischen Status von Eichsymmetrien. Sollen diese Symmetrien als bloße mathematische Struktur unserer Beschreibungen der Realität interpretiert werden oder repräsentieren sie die Struktur physischer Realität? In der Physik- und Philosophie-Community werden Eichsymmetrien zumeist nicht als Symmetrien der Natur verstanden. Sie sind nicht physikalisch real sondern mathematische Redundanz. Sie können verwendet werden, um die Realität zu beschreiben, aber sie repräsentieren nicht die Struktur der Realität. Demgemäß haben Eichsymmetrien keine direkte empirische Signifikanz und Entitäten, die tatsächlich physikalisch real sind, müssen eichinvariant sein. Aber wenn dem so ist, dann finden sich im Herzen moderner Teilchenphysik widersprüchliche Annahmen. Beispielsweise implizieren die geläufigen Zugänge zum Higgs-Mechanismus, dass die spontane Symmetriebrechung von Eichsymmetrien dafür verantwortlich zeichnet, dass das Higgsfeld Teilchen Masse verleiht. Aber wie könnte das Brechen unphysikalischer mathematischer Redundanz einen derart profunden Einfluss auf unsere Welt haben? Weiters besteht das Problem, dass sämtliche Elementarteilchen des Standardmodells eichvariante Größen sind (also nicht eich-invariant sind), was bedeuten würde, dass die Felder/Teilchen, die wir typischerweise für die Grundbausteine der Welt ansehen, nicht physikalisch real sind (weil sie eben nicht eich-invariant sind). Was bedeutet das? Die zugrundeliegende These dieses Projekts ist es, dass diese Spannungen und konzeptuellen Probleme vermieden werden können, wenn neuere eichinvariante Zugänge etabliert werden. Das Ziel dieses Projekts besteht darin, die philosophischen Grundlagen dieser Zugänge zu klären und die ontologischen Implikationen auszubuchstabieren. Darüber hinaus soll das Projekt zur Entwicklung solcher eichinvarianter Zugänge beitragen und somit auch einen Beitrag zur Forschung in der Quantengravitation leisten.
Projektzeitraum | 01.06.2023 - 31.05.2027 |
Fördergeber Förderprogramm | FWF Einzelprojektförderung |
Bewilligungssumme | € 543.490,5 |
Einheit | Institut für Philosophie |
Profilbereich | |
Projektverantwortung | Dr.phil. Philipp Berghofer, BSc MA |
Projektmitarbeiter:innen | Jordan Francois, PhD |
Projekthomepage | philosophie-gewi.uni-graz.at/de/klassische-phaenomenologie/team/dr.-philipp-berghofer/ |