Brasilien kurbelt seine Gasförderung an. Der Regenwald im Amazonas wird radikal abgeholzt. Und die USA treibt die Erdölproduktion in Alaska voran. Trotz Klimawandel haben fossile Energien in Nord- und Südamerika nach wie vor Hochkonjunktur. Wie werden diese Abhängigkeit und dieser Zwiespalt in Literatur und Film dargestellt? Wie geht Sprache damit um? Wie nehmen es Leser:innen und Zuseher:innen wahr? Mit diesen Fragen beschäftigen sich Kulturwissenschaftler:innen am Zentrum für Inter-Amerikanische Studien der Universität Graz.
„Der Klimawandel betrifft die gesamte Gesellschaft. Es braucht daher die Geisteswissenschaften, um funktionierende, für alle annehmbare Strategien zu entwickeln“, begründet Roberta Maierhofer, Leiterin des Zentrums für Inter-Amerikanische Studien, die Auseinandersetzung mit dem Thema. „Die Moderne investiert seit über 200 Jahren in fossile Brennstoffe“, so die Forscherin, „das prägt unsere kollektive Vorstellungskraft und schränkt sie sogar stark ein.“ Politische Lösungen sind dringend notwendig, um den Planeten zu retten. Diese müssen jedoch die Beziehung zur Umwelt anders denken, um die Dimension vollständig zu erfassen und die Welt letztendlich zu verändern. „Die Sprache und die Darstellung haben hier als Ausdrucksform einen großen Anteil“, erklärt Maierhofer. „So hat etwa Science-Fiction schon immer Natur und Technik beeinflusst“, erinnert die Amerikanistin etwa an Schriftsteller wie Philip Kindred Dick.
Kollektives Gehirn
Von diesen Überlegungen ausgehend wurde ein Horizon Europe-Projekt eingereicht. Unter der Leitung von Roberta Maierhofer will eine Allianz aus Wissenschaftler:innen aus elf Ländern Denkmuster zu Klimakrise und Digitalisierung aufbrechen. „Wie können wir es schaffen, beide Themen miteinander in Bezug zu setzen, ohne dass neue Verletzlichkeiten und Ungleichheiten entstehen“, schildert Nicole Haring, ÖAW-Stipendiatin am Zentrum für Inter-Amerikanische Studien. Unter dem Einfluss von Migration, demographischem Wandel, kultureller Diversität, sozialer Vielfalt oder Geschlechterunterschieden will der interdisziplinäre Forschungsverbund neue Konzepte erschließen, die Menschen und Gesellschaft nicht spalten.
Maierhofer betont die umfassende Betrachtung eines „Big Picture“: „Wir brauchen ein kollektives Gehirn, das Disziplinen vereint und andere Methoden denkt.“ Haring fügt an: „Einen Zugang dazu ermöglichen Literatur- und Kulturwissenschaft in Ergänzung mit der Soziologie.“