Demografie und soziale Strukturen im historischen Südosteuropa
Die historische Demografie in und über Südosteuropa ist im Vergleich zu den führenden Zentren dieser Forschung, die sich vor allem im Nordwesten Europas befinden, noch immer weniger entwickelt. Historische Überblicke über diese Region beschäftigen sich mit diesem Thema oft nur sehr am Rande; es gibt auch bisher noch keine Publikation, die sich ausschließlich mit diesem Thema in Südosteuropa während der letzten zwei Jahrhunderte beschäftigt – es gibt nur Publikationen über die Bevölkerungsgeschichte oder die historische Demografie eines einzelnen Landes oder ganz Europas. Die bisher vorliegenden Untersuchungen über regionale Unterschiede in der historischen Demografie eines Landes bzw. zwischen einzelnen Berufsgruppen betreffen die einzige Datenbank repräsentativer ländlicher und städtischer Bevölkerungen in Südosteuropa: Albanien aufgrund der Volkszählung 1918.
Dieses Projekt ermöglicht ähnliche Untersuchungen in anderen Ländern dieser Region und vergleichende Untersuchungen zwischen diesen Ländern. Zu diesem Zweck werden Stichproben aller übrigen Länder Südosteuropas geschaffen, wobei auch städtische Bevölkerungen in großem Stil erfasst werden sollen. Folgende Forschungsfragen sollen beantwortet werden: Welche regionalen Unterschiede der Fertilität und Nuptialität gab es im historischen Südosteuropa? Welche regionalen Unterschiede gab es in historischen Haushaltsstrukturen und im Zusammenleben innerhalb eines Haushalts in Südosteuropa? Welche regionalen Unterschiede gab es in Bezug auf die familiären patriarchalen Strukturen? Welche Unterschiede zeigen die einzelnen Berufsgruppen bezüglich Heiratsmustern und Haushaltsgründung sowie Fertilität? Welche Einflussfaktoren waren für diese Unterschiede hauptverantwortlich? Die Mikrodaten werden aufgrund bereits vorhandener Codierungssysteme (IPUMS, NAPP, Mosaic, HISCO) codiert, dadurch ist sichergestellt, dass die neuen Daten in weiterer Folge mit bereits vorhandenen Daten vergleichbar sein werden. Die Analysen werden sich auf die Child-Woman-Ratio, das durchschnittliche Heiratsalter (Singulate Mean Age at Marriage – SMAM), den Anteil der unverheiratet Bleibenden, den Altersabstand zwischen den Eheleuten, den Patriarchatsindex und Maßzahlen des Zusammenlebens (dyadische Beziehungen – wer lebt mit wem?) stützen.
Durch dieses Projekt würde die größte europäische Datenbank historischer Volkszählungsdaten außerhalb der bereits etablierten Zentren historisch-demografischer Forschung entstehen. Untersuchungen aufgrund dieser im großen Stil erweiterten Datenbasis werden Licht auf bisher dunkle Gebiete Südosteuropas hinsichtlich historischer Demografie, Haushaltsstrukturen und familiären Patriarchat werfen. Die neuen Daten werden der internationalen Forschungsgemeinschaft kostenlos zur Verfügung gestellt werden (open access) und dadurch sollen zusätzliche Möglichkeiten zur Forschung geschaffen werden, auch zu Forschungsfragen, die nicht zur historischen Demografie zählen. Die Zusammenarbeit in der Forschung soll gefördert und der Abstand zwischen Analysen auf der staatlichen Ebene und Dorfstudien sollte durch Analysen auf der regionalen Ebene überbrückt werden.
Projektzeitraum | 01.11.2021- 31.10.2024 |
Fördergeber Förderprogramm | FWF Einzelprojekte |
Bewilligungssumme | € 381.491,25 |
Einheit | Institut für Geschichte |
Profilbereich | Dimensionen Europas |
Projektverantwortung | Mag. Dr.phil. Siegfried Gruber |
Projektmitarbeiter:innen | Daniel-Armin Đumić, MA |
Projekthomepage | Laufende Forschungsprojekte - Südosteuropäische Geschichte und Anthropologie (uni-graz.at) |