Aktuelle Forschungen auf dem Gebiet der deutschsprachig-jüdischen Literaturstudien stehen im Mittelpunkt eines internationalen Kolloquiums, veranstaltet vom Centrum für Jüdische Studien (CJS) der Universität Graz, zum Gedenken an die 2016 verstorbene Literatur- und Kulturwissenschafterin Dr. Petra Ernst-Kühr. Am 2. und 3. November 2017 widmen sich Vortragende aus den USA, Israel und Deutschland verschiedensten Themen, die im 19. und 20. Jahrhundert Niederschlag im literarischen Schaffen deutschsprachiger Juden und Jüdinnen fanden.
Dekan Michael Walter begrüßte die TeilnehmerInnen des Kolloquiums an der Uni Graz, und Assoz. Prof. Dr. Gerald Lamprecht, Leiter des CJS, erinnerte an die wissenschaftliche Arbeit von Petra Ernst-Kühr, deren Forschungsschwerpunkte das Kolloquium aufgreift. „Petra Ernst war es ein großes Anliegen, die Literaturwissenschaft in den Jüdischen Studien stärker zu verankern“, unterstrich Lamprecht. „Gemeinsam mit Klaus Hödl hat sie das Centrum für Jüdische Studien ins Leben gerufen, das sich mit jüdischer Geschichte, Literatur und Kultur befasst und deutlich ihre Handschrift trägt.“
Petra Ernst-Kühr war außerdem Sprecherin des Forschungsschwerpunkts „Kultur- und Deutungsgeschichte Europas“, den sie an der Uni Graz aufgebaut und maßgeblich geprägt hat, wie ihre Nachfolgerin in dieser Funktion, Assoz. Prof. Dr. Ulla Kriebernegg, betonte.
Darüber hinaus legte Petra Ernst-Kühr stets Wert auf internationale Vernetzung. Als Mitbegründerin der Gesellschaft für Europäisch-Jüdische Literaturstudien gab sie der wissenschaftlichen Arbeit auf diesem Gebiet wesentliche Impulse. Die Beiträge des Kolloquiums spiegeln den aktuellen Stand der Forschung wider, ebenso wie die Bandbreite der Themen, die in deutschsprachig-jüdische Literatur Eingang gefunden haben. Dazu zählen etwa Kurorte als jüdische Lebenswelt oder jüdische Erwartungen und Erfahrungen im Ersten Weltkrieg, aber auch Übersetzungen von Bibelstellen der Schriftstellerin Anna Seghers im Kontext des faschistischen Zeitalters oder Berliner Musikgesellschaften in den Häusern Levy und Mendelssohn.
Einen besonderen Höhepunkt bildete am Donnerstagabend die Präsentation des Buchs „Schtetl, Stadt, Staat. Raum und Identität in deutschsprachig-jüdischer Erzählliteratur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts“, der Habilitationsschrift von Petra Ernst, die nun im Böhlau-Verlag erschienen ist. Die Laudatio hielt der US-Zeithistoriker und Ehrendoktor der Karl-Franzens-Universität, Prof. Jay Winter. Sein Grazer Kollege Em.O.Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Helmut Konrad moderierte die Veranstaltung.
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Deutschsprachig-jüdische Literaturstudien. Standortbestimmung eines transdisziplinären Forschungsfeldes. Zum Gedenken an Petra Ernst-Kühr