Mit einer Vielzahl an Feierlichkeiten beging die Nation den Gedenktag zum Kriegsende in Europa am 8. Mai 2023. Auch an der Universität Graz, die sich u. a. mit dem Gedenk- und Kunst-Projekt "Weil es so viele sind" auch der eigenen Mittäterschaft und Rolle in der NS-Zeit gestellt hat, wird diesem Tag gedacht. Besonders intensiv wird diese Auseinandersetzung am Institut für Geschichte sowie am Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung geführt. Teile dieser wissenschaftlichen Beschäftigung mit den dunkelsten Jahren österreichischer Geschichte flossen in die Rede der Zeithistorikerin Barbara Stelzl-Marx zum Gedenktag an die Befreiung Österreichs im Bundeskanzleramt ein.
Die Folgen des Krieges und die Brutalität, mit der er geführt wurde, sind zentrale Aspekte der Rede, mit der sich Stelzl-Marx an die anwesenden Festgäste, unter ihnen Bundeskanzler Nehammer und Vizekanzler Kogler, wendet. Sie spricht auch die Verdichtung der Gewalt in den Wochen zwischen Ende April und 8. Mai an und wie diese in die Gesellschaft, bis hin in jede Familie, einwirkte, wenn sie sagt: „Wir sprechen hier vom Holocaust vor unserer Haustür“ und später: „Es war ein Land der Lager. Im Krieg und danach.“
Stelzl-Marx verweist in ihrem Vortrag auch auf aktuelle Ereignisse. Mit Blick auf die Geschehnisse in der Ukraine sowie vor dem Hintergrund eines steigenden Antisemitismus plädiert sie dafür, Menschrechte, Demokratie, Freiheit und Achtung nicht als Selbstverständlichkeit hinzunehmen: „Verantwortung zu übernehmen war 1945 ein Thema und ist es auch heute.“
Barbara Stelzl-Marx ist Professorin am Institut für Geschichte und Leiterin des Ludwig Boltzmann Instituts für Kriegsfolgenforschung. Ihre Festrede zum „Gedenken an die Befreiung vom Nationalsozialismus und an die Beendigung des Zweiten Weltkrieges in Europa“ im Bundeskanzleramt in Wien wurde live im ORF übertragen und kann in der ORF TV-Thek nachgesehen werden.