Kann einem das sprichwörtliche Fragezeichen auch buchstäblich im Gesicht stehen? Ja, weiß Andrea Lackner. Die Linguistin erforscht nicht-manuelle Elemente der Österreichischen Gebärdensprache – also Mimik und Körperbewegungen. „Hochgezogene Augenbrauen oder ein vorgebeugter Kopf begleiten die Gesten und können vieles ausdrücken, zum Beispiel ein Konditional oder eine spezifische Frage“, beschreibt die Expertin.
Während die Gebärden schon länger erforscht werden, hat sich noch kaum jemand mit diesen feineren Nuancen der Gehörlosen-Kommunikation auseinandergesetzt. „Die nicht-manuellen Elemente haben viele Funktionen, darüber gibt es bislang aber nur unzureichende wissenschaftlichen Dokumentationen“, stellt Lackner fest. Die Struktur einer Sprache zu kennen sei essenziell, um sie auch gut weitergeben zu können. Die Forscherin hat daher eine Initiative gestartet, um das erste Korpus der Österreichischen Gebärdensprache aufzubauen.
In Zusammenarbeit mit den österreichischen Gehörlosenverbänden haben sie und ihr Team mehr als 50 Natives gefilmt, die ihre Videos dann selbst beschrieben haben. „In der Datenbank verfügen wir jetzt über muttersprachliche Erklärungen, was die Gebärden, Bewegungen des Gesichtsfeldes, des Kopfes und Körpers bedeuten“, schildert Lackner. „Dazu haben wir die ersten Forschungsergebnisse zur syntaktischen Struktur der Österreichischen Gebärdensprache publiziert.“
Die neuen Erkenntnisse aus dem von Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Projekt wurden unlängst auch in einem großen internationalen Workshop an der Universität Graz präsentiert. Dabei wurden enge Kooperationen mit einigen Nachbarländern – etwa Tschechien und Ungarn – angebahnt. Der Sprachvergleich, aber auch Praxiserfahrungen aus der Gehörlosenpädagogik sollen Gegenstand weiterer Forschung werden.