„Die kurz JO – für jeux olympiques – genannten Sommerspiele in Paris waren angesichts der brisanten politischen Lage seit den Neuwahlen im Frühsommer eine willkommene politische Verschnaufpause für die französische Bevölkerung, die seit Wochen gespannt auf die Ernennung des/der zukünftigen Regierungschefs/Regierungschefin, le/la Premier/Première Ministre, wartet und in den Medien mit unzähligen Hypothesen zu zukünftigen Parteibündnissen im Parlament konfrontiert wird.
Die Olympiade hat in der Bevölkerung für Riesenbegeisterung gesorgt. Menschenmassen drängten sich an den Spielstätten, insbesondere an den geschickt genutzten grandiosen historischen Plätzen der Hauptstadt. Man war stolz auf die gelungene Inszenierung des Kulturerbes. Die Spitzenleistungen der französischen Athlet:innen sorgten für Bombenstimmung und entfachten unbändigen Enthusiasmus auf den Tribünen, wo im Freudentaumel wiederholt spontan die Bundeshymne ,Marseilleise‘ angestimmt wurde.
Der Medaillenregen für Frankreich hat die Erwartungen der Trainer:innen um einiges übertroffen und zeigt, dass (sportliche) Adversität die französische Nation trotz aller soziokulturellen und ideologischen Gräben zusammenschweißt und sie – wenn es darauf ankommt – geeint ist und zu Höchstform auflaufen kann. In diesem Sinne haben die Spiele zumindest in sportlicher Hinsicht identitätsstiftend gewirkt.
Das immense Interesse an den JO wirkt sich ersten Schätzungen nach auch durchaus positiv auf die Sichtbarkeit und Popularität der am 28. August beginnenden Paralympischen Spiele aus, für die der Kartenvorverkauf viel besser als prognostiziert läuft. Das Olympiafieber hält an, die ,rentrée politique‘ (Wiederaufnahme der politischen Tätigkeiten nach der Sommerpause) kann warten.“
Dienstag, 13.08.2024