Albtraum oder Wirklichkeit: Fotos aus den NS-Vernichtungslagern zeigen ein widersprüchliches und „unscharfes“ Bild. Zum einen das Grauen, das laut des Nationalsozialistischen Regimes gar nicht sichtbar werden sollte. Zum anderen das, was offiziell erwünscht und erlaubt war. In der Forschung wurde diesem Thema bislang zu wenig Beachtung geschenkt. Die englischsprachige Tagung „Photographs from the Camps of the Nazi Regime“ will am 10. und 11. November 2016 an der Uni Graz die wissenschaftliche Lücke schließen.
„In den Konzentrationslagern galt ein striktes Fotografieverbot“, weiß Priv.-Doz. Dr. Hildegard Frübis vom Centrum für Jüdische Studien, das die internationale Konferenz veranstaltet. Und trotz des Verbots ist ein immenser Bestand an Fotos überliefert. Frübis: „Das Material zeigt etwas, was nach Anweisung der Lagerkommandanten nicht existieren sollte – oder nur so, wie es mittels der autorisierten und in offiziellem Auftrag erstellten Fotografien erlaubt war.“ An diesen Zwiespalt knüpft die aktuelle Fotografieforschung zur NS–Herrschaft an, die eine adäquate Reflexion des Mediums einfordert. So wurden in den 1960er-Jahren die Bilder oft noch ohne genaue Quellenangaben zur Herkunft oder zum Motiv verwendet. „Weil man davon ausging, das Foto spreche für sich selbst“, erklärt die Kunsthistorikerin. Auf der anderen Seite wurden und werden die Fotos häufig als „Selbstabdruck der Wirklichkeit“ gewertet und daher, so die Trägerin eines Lise-Meitner-Stipendiums des Wissenschaftsfonds FWF, falsch gedeutet.
Aus der Komplexität des Themas ist das Bewusstsein gewachsen, dass die Analyse dieser Bildbestände nur in einer interdisziplinären Zusammenarbeit von HistorikerInnen und BildhistorikerInnen gelingen kann. Einen Beitrag dafür leistet die Tagung „Photographs from the Camps of the Nazi Regime“ an der Karl-Franzens-Universität Graz.
Tagung: Photographs from the Camps of the Nazi Regime
WANN: 10. und 11. November 2016
WO: RESOWI-Zentrum, Universitätsstraße 15, Bauteil A, 2. OG, SZ 15.21
http://juedischestudien.uni-graz.at
Dienstag, 08.11.2016