Die Erforschung indigener Sprachen ist ein Steckenpferd des gebürtigen Serben und Linguisten Dejan Matić. Zu Forschungszwecken zog es ihn mehrmals in den weit entfernten Nordosten Sibiriens, sozusagen ans Ende der Welt, um die vom Aussterben bedrohten Sprachen Ewenisch und Jukagirisch zu dokumentieren – mit Kamera und Mikrofon. Nach Forschungs-Stationen an der Uni Köln, an Max Planck-Instituten in Leipzig und Nijmegen in den Niederlanden vertrat Matic 2015 eine Professur an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf; seit 1. Oktober 2015 ist er Professor an der Uni Graz.
Für seine Aufenthalte im hohen Norden Sibiriens nimmt der Wissenschafter auch wochenlange Anreisen durch Schnee und Eis in Kauf, um dann zwei bis drei Monate bei den entfernten Völkern zu leben. „Sprachdokumentation ist ein wichtiger Aspekt der Sprachwissenschaft“, sagt Matić. „Es gibt eine nicht zu verachtende Menge an Sprachen, die bedroht sind.“ So beherrschen nach heutigem Stand ungefähr 2000 Personen Ewenisch und nur 60 SprecherInnen noch Jukagirisch. Mit Menschen vor Ort kommuniziert er über die Kontaktsprache Russisch. Matić und seine KollegInnen dokumentieren bei ihrer Arbeit Konversationen unter den Personen, aber auch Volks- und Lebensgeschichten sowie Traditionen, um so die Grammatik und das Lexikon der Sprache zu beschreiben. „Sprechen heißt aber nicht nur, Laute zu produzieren, sondern auch viel mit Gestik und Mimik zu arbeiten“, betont der Dokumentationslinguist. „Das kann von Sprache zu Sprache variieren, deshalb ist auch die Kamera für uns ein sehr wichtiges Werkzeug.“ Auch kulturelles Gut, wie zum Beispiel das Bauen eines Hundeschlittens, wird von den WissenschafterInnen über diesen Weg erfasst. Die Daten wandern aufbereitet in Archive in den USA und in Europa.
Sein zweites Fachgebiet ist die Theoretische Sprachwissenschaft. Und hier setzt Dejan Matić sich mit „Informationsstruktur“ auseinander: „Zentral ist für mich die Fragestellung: Welche grammatischen Mitteln hat eine Sprache, um die Botschaft, die in einem Gespräch überbracht werden soll, an das Gegenüber anzupassen“, führt Dejan Matić aus. Wenn Menschen miteinander sprechen, schätzen sie den Wissensstand des anderen immer ein und passen ihre Botschaften an. Dazu stellt die Grammatik einer Sprache Mittel zur Verfügung.
In der Lehre will Matić methodologische Kurse anbieten, also das Handwerkszeug, um Sprachen zu beschreiben. „Wir haben am Institut eine Regel. Unsere Studierenden müssen mindestens zwei ,exotische‘ Sprachen erlernen, um zu verstehen, wie sie aufgebaut sind.“ Die Struktur von Ewenisch und Jukagirisch soll ihnen dabei helfen.