Unter dem Titel Belarus digital werden in diesem Jahr belarusische Sprach- und Kulturkenntnisse vermittelt, Vorträge gehalten, Perspektiven gewechselt und gesellschaftliche Veränderungen mit Fokus auf den digitalen Raum diskutiert.
Politikwandel in Zeiten der Digitalisierung
Wer kontrolliert die Telekommunikation? Wer beherrscht die Mechanismen der Desinformation und wo bieten sich Fenster der Freiheit für Aktivismus und Protest? In ihrem Vortrag Autoritarismus 2.0? – Der digitale Aufstieg des Lukashenka-Regimes zeichnet Tatsiana Astrouskaya (Herder-Institut Marburg) die digitalen Entwicklungen im Spannungsfeld von Kontrolle und Aktivismus in Belarus von 1994 bis heute nach.
An diese Thematik schließt auch Aliaksei Bratachkin (FernUni Hagen) in seinem Vortrag Authoritarian Public Sphere and the Processes of Digitalization in Belarus: Between Control and Resistance an. Der aus Minsk geflüchtete Forscher gilt als Pinoier der Public History in Belarus. In einer Podiumsdiskussion wird er anschießend an den Vortrag The Digitalization of Belarusian Democratic Resistance der Politologin Alesia Rudnik (Uni Karlstad), die auch den unabhängigen belarusischen Thinktank „Zentrum für neue Ideen“ leitet, über Fake News und digitalen Widerstand diskutieren.
Alltagsmythos Partisanenrepublik
Was macht den Mythos der Partisanen – über Jahrzehnte und unterschiedliche Szenarien hinweg – aus? Dieser Frage geht Nina Weller (Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin) nach. Im Rahmen des Forschungsprojekts Popular Dynamics. Popular Culture in Eastern Europe beschäftigt sich Weller insbesondere mit der Rolle von Figuren des Widerstands in osteuropäischen Populärkulturen. Der Partisanenmythos, der in Belarus seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts in unterschiedlicher Ausprägung auftaucht und in den 1960er bis 1980er Jahren seine Hochblüte hat, führte auch zum Mythos der „Partisanenrepublik Belarus“. Nina Weller zeichnet die historische Aneignung und Dekonstruktion dieses umstrittenen historischen Erbes u. a. am Beispiel des Kinofilms nach.
Die Organisatorinnen des Programms, Maria Katarzyna Prenner und Tatjana Petzer haben mit Belarus digital eine innovative und interdisziplinäre Studien- und Wissenschaftswoche auf die Beine gestellt, die es den Teilnehmer:innen auch ermöglicht, die erworbenen Sprach- und Sachkenntnisse in Workshops unter Anwendung digitaler Tools (u. a. machine translation, Hypertext, Korpora) praxisnah zu erproben.
Belarus digital. 3.-7-3.2025, Merangasse 70, 8010 Graz
Das Winterkolleg ist eine Kooperation zwischen dem Institut für Slawistik, dem Forschungsnetzwerk HFDT (Human Factor in Digital Transformation) und dem Profilbereich “Dimensionen Europas” der Universität Graz sowie dem Zentrum Östliches Europa) der Justus-Liebig-Universität Gießen (GiZo).