Eine große Ehre wurde dem Grazer Sprachwissenschafter Arne Ziegler zuteil. Der gebürtige Deutsche wurde im Herbst bei der Jahreshauptversammlung der Internationalen Vereinigung für Germanistik (IVG) in Palermo, Italien, zu ihrem neuen Präsidenten gewählt.
Zieglers Forschungsinteresse liegt unter anderem in sprachlichen – historisch und gegenwartssprachlich – Variationsphänomenen und die sozialen Dimensionen von Kommunikation. Als Leiter des FWF-Teilprojekts „Wien und Graz – Städte und ihre sprachlichen Strahlkräfte“ des Sonderforschungsbereichs „Deutsch in Österreich“ beschäftigt er sich beispielweise mit dem Sprachgebrauch in urbanen Zentren in Zeiten zunehmender Mobilität, Diversifizierung und medialer Prägung. Im Mittelpunkt steht die Beantwortung der Fragen „Wie konstituiert sich der Sprachgebrauch in der Stadt?“, „Welchen Einfluss haben außersprachlichen Faktoren wie etwa die Sprechsituation?“ und „Lässt sich ein Einfluss der Stadt auf umliegende Gemeinden feststellen oder verhält es sich sogar umgekehrt?“
Was bedeutet es Ihnen persönlich, als Präsident den Weltverband für Germanistik zu leiten?
ARNE ZIEGLER: Für mich bedeutet zunächst einmal die Wahl zum Präsidenten durch die Mitgliederversammlung der IVG eine große Ehre und gleichzeitig eine Wertschätzung meiner germanistischen wissenschaftlichen Arbeit, die von Beginn an international orientiert gewesen ist. Daneben sehe ich aber auch die einmalige Chance, die Grazer Germanistik international stärker zu positionieren, vor allem in Regionen der Welt, die bisher vielleicht von Graz noch niemals etwas gehört haben – das soll es tatsächlich noch geben. Ich freue mich aber auch darüber, Österreich, die Steiermark sowie die Stadt Graz und nicht zuletzt die Universität Graz als Gastgeber der IVG weltweit präsentieren zu dürfen und somit auch zur Stärkung des wissenschaftlichen Standortes beizutragen.
Inwiefern zeigt sich durch die Internationalität der IVG und durch den Kongress im Speziellen die aktuelle Relevanz der Germanistik für gesellschaftliche Themen?
ARNE ZIEGLER: Die IVG war und ist natürlich stets ihrer Rolle als internationale Fachorganisation und ihrem gesellschaftlichen Wirken über nationale Grenzen hinweg verpflichtet gewesen. Dass das Rahmenthema des kommenden Kongresses in Zeiten wie diesen nicht zufällig gewählt wurde und dass das Kongressthema wohl aktuell von weltweiter gesellschaftlicher Relevanz zeugt, scheint offensichtlich. Nun haben wir – das Präsidium und der internationale Ausschuss der IVG – das Thema aber abseits der pandemischen Krise erweitert, denn letztlich gab und gibt es auch noch andere Krisen, die, sofern es nicht persönliche Krisen sind, fast immer gesellschaftliche Relevanz haben und hatten. Man denke etwa an politische Krisen, Klimakrise und anderes mehr. Aufgabe der Germanistik, und so auch der internationalen Germanistik, war es schon immer, die ihr innewohnenden Potentiale – etwa Geschichtsbewusstsein, die Fähigkeit zur kritischen Lektüre, Flexibilität im Denken und Problemlösen und dergleichen mehr – der Gesellschaft bewusst zu machen. Schließlich sind das u.a. jene Kompetenzen, die gemeinhin als Stärken einer germanistischen Ausbildung angesehen werden.
Der Grazer Germanistik-Professor wird die IVG voraussichtlich die nächsten vier Jahre als Präsident vorstehen, bei einem Kongress im Juli 2025 zum Thema „Sprache und Literatur in Krisenzeiten – Herausforderung, Aufgaben und Chancen“ an der Uni Graz werden 2000 TeilnehmerInnen aus aller Welt erwartet.